Februar 2022
Jedes Jahr nominieren Professorinnen und Professoren der bayerischen Hochschulen Abschlussarbeiten ihrer Studierenden, die für die Profession der Landschaftsarchitektur wegweisend sind, für den Nachwuchspreis bdla Bayern. Die Masterarbeit von Carina Brandl wurde mit diesem Nachwuchspreis 2021 ausgezeichnet. Seit Oktober 2021 ist Carina Brandl Mitarbeiterin bei der WGF Landschaft.
Die ausgezeichnete Arbeit “Abhängen erlaubt (?) Wie jugendgerecht sind Freiräume 10 Jahre nach dem nationalen Aktionsplan für mehr Jugendgerechtigkeit?” beschäftigt sich mit einer Nutzergruppe, die im Planungsprozess öffentlicher Freiräume oft zu wenig beachtet wird, den Jugendlichen in der Stadt. Anhand vier exemplarisch ausgewählter Freiräume der Stadt Nürnberg wird untersucht, wie jugendfreundlich öffentliche Freiräume und deren Planung 10 Jahre nach dem Abschluss des nationalen Aktionsplans sind.
Masterarbeit „Abhängen erlaubt (?)“
Offiziell vorgestellt und dotiert werden die Arbeiten auf der Mitgliederversammlung des bdla Bayern am 18. Februar 2022.
ABSTRACT:
Für eine tolerante, offene und inklusive Stadt ist es essentiell die Jugendlichen der Gesellschaft im öffentlichen Raum zu integrieren. Zum einen brauchen Jugendliche den Aufenthalt in öffentlichen Freiräumen zur persönlichen und individuellen Entwicklung und zum anderen beleben sie den öffentlichen Raum und stellen einen Mehrwert für diesen dar. Doch durch einen strukturell verankerten Adultismus in der Gesellschaft, unter anderem auch in der räumlichen Planung, werden Jugendliche und deren Bedürfnisse vernachlässigt und aus dem öffentlichen Raum verdrängt. Im Jahr 2010 wurde der nationale Aktionsplan „Für ein kindergerechtes Deutschland 2005-2010“ mit 170 Maßnahmen für mehr Kinder- und Jugendgerechtigkeit abgeschlossen. Das Ziel dieser Arbeit ist am Beispiel der Stadt Nürnberg herauszufinden, wie jugendfreundlich öffentliche Freiräume und deren Planung 10 Jahre nach dem Abschluss des nationalen Aktionsplans sind. Hierfür werden spezifische Herausforderungen sowie aktuelle Veränderungen der Lebensphase Jugend untersucht und die besonderen Ansprüche, die Jugendliche an den öffentlichen Freiraum und dessen Planung stellen, herausgearbeitet. Auf Grundlage dieser Erkenntnisse werden Bewertungskriterien entwickelt,
mit Hilfe derer bestehende Freiräume auf ihre Jugendgerechtigkeit analysiert werden können. Die Analyse von vier Freiräumen in Nürnberg zeigt, dass einige der Kriterien erfüllt werden. Dies ist allerdings nicht auf ein besonderes Bewusstsein der Planer:innen für die Bedürfnisse Jugendlicher zurückzuführen,
sondern darauf, dass die Ansprüche, die Jugendliche an einen Freiraum stellen zu großen Teilen den Kriterien für eine zukunftsfähige und integrative räumliche Planung entsprechen. Viele der Kriterien jugendgerechter
räumlicher Planung werden aber nicht umgesetzt. Jugendliche werden also tatsächlich nur selten explizit und umfassend in der Planung des öffentlichen Raums berücksichtigt. Grund dafür ist ein tief verankerter Generationenkonflikt, in dem Jugendliche als Unruhestifter im öffentlichen Raum wahrgenommen werden, sowie die Angst vor Konflikten von Planenden und kommunaler Verwaltung und die daraus resultierende Unsicherheit. Die räumliche Planung kann zwar nicht den gesellschaftlich bedingten Generationenkonflikt lösen, aber durch ein Angebot an öffentlichen und nutzungsoffenen Freiräumen Begegnungen der Generationen ermöglichen und so Adultismus entgegenwirken. Denn eine Ausgrenzung von einzelnen
Nutzergruppen widerspricht der Funktion öffentlicher Räume als allgemein offene, für jeden zugängliche Räume und erschwert den intergenerationellen Austausch. Öffentlicher Raum sollte, wie das Wort öffentlich suggeriert, für alle Menschen frei zugänglich sein, um die Begegnung verschiedener sozialer Gruppen möglich zu machen, um als Bühne für kulturelle, soziale und politische Darstellungen zu fungieren und um jungen Menschen die Möglichkeit zu geben, sich auch mal der gesellschaftlichen Kontrolle zu entziehen.